Berliner Traberforum

 
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willy1


New PostErstellt: 31.01.04, 12:26     Betreff: Re: Wallis Mo

Liebe Karin Walter-Mommert,
Verlust bedeutet immer Leid und tiefer Schmerz, kann dann einem schon so ergehen, wie ich es in ein paar Zeilen zum Ausdruck brachte, ähnliches Erlebte aus meinem persönlichen Leben gegriffen.
Mögen diese Worte ihren Schmerz ein wenig lindern und Sie erinnern, dass eine ganze Traberfamilie hinter Ihnen steht und mit Ihnen mitfühlt.

Etwas riß sie mich plötzlich hoch, ließ meine Augen weit aufsperren und tief in die Dunkelheit starren. Getrieben von einem rasenden Herzschlag saß ich nun aufrecht im Bett, mein Körper fühlte sich fremd und unwirklich an, an einigen Stellen meiner Haut glänzte der Schweiß, der sich angesammelt hatte. Durch das offene Fenster wehte ein Windhauch über meinen Nacken, er fühlte sich an, als klammere sich eine Hand um meinen Hals, es begann mich zu frösteln.
Ein Fenster, in dem sich Lichter von draußen spiegelten, warf schwaches Licht in mein Zimmer.
Zum ersten Mal sah ich mich um, stellte fest, ich bin ja zu hause, dann konnte ich wieder die Todesanzeige auf dem Nachtkästchen erkennen. Diese Nachricht ließ mich nicht mehr los.
Ich begann mich zu erinnern, an etwas Vertrautes, an Erlebtes, gerade ich diesem Augenblick wünscht man sich sehnsüchtig, es wäre nur ein Alptraum, aber wie es schien, ist es endgültig.
In meinen Gedanken versunken, spürte ich diesmal die Erinnerung anders, sie rissen mich fort, ich verlor das Gefühl des kalten Windhauches der um meinen Nacken strich, Schweißperlen strömten über mein Gesicht, begleitet noch immer von einem rasenden Herzschlag machte sich ein bohrender und pulsierender Schmerz im Kopf bemerkbar.
Ich fühlte mich allein, gefangen in einer schwarzen Einsamkeit, die sich unendlich ausstreckte.
Zwischen dieser Einsamkeit und Wirklichkeit erstreckte sich ein Graben, den ich nicht zu überspringen wagte, aber es dennoch tun mußte, ich sah mich noch einmal um und sprang dann plötzlich hinab in die gähnende Leere.
Mit einem Schlag tauchen alle Erinnerungen wieder auf, geschockt darüber setzte der Atem für mehrere Sekunden aus, man schnappt wütend nach Luft.
Ein Sog, ein starker Windhauch erfaßte mich, die riesige Hand an meinem Genick schien mich diesmal gänzlich zu umklammern, zu schütteln und hin- und herzu schleudern.
Etwas in mir zwang mich zum Atmen, eine Stimme in mir brüllte in unbändigem Schmerz auf.
Und ich konnte mich nicht mehr widersetzen, meine Lungen fühlten sich wieder mit Luft, begleitet von langgestreckten und verzerrten Seufzen.
Auf der gegenüberliegenden Seite vom Fenster hing ein Foto an einer Wand, meine Neugier zog mich dorthin und zwang mich für einige Augenblicke das Bildnis genauer anzusehen.
Es dauerte ein paar Momente. Aber als ich wieder das Bild meines geliebten Pferdes sah, wußte ich nicht, ob ich laut aufschreien oder vor Panik davon rennen sollte.
Ich erstarrte vor Schreck, Ihre Augen beobachteten mich, starrte mich an, und sogar in mich hinein.
Ein Wirbel hatte von meinem Innern Besitz ergriffen und tobte. Mir war schwindelig und wirr zumute. Der Raum drehte sich, oder etwa ich selbst?
Wie in einem Rausch aus Übelkeit und Verdacht genährt stolperte ich langsam zurück in der Hoffnung, es wäre alles nur ein böser Traum.
Ich sah nur noch wie das Bild lebendig wurde, mein geliebtes Pferd aus dem Rahmen schwebte, beinah meinte ich ein goldenes Licht um ihren Körper zu sehen, wahrlich, wie ein Engel.
Leicht wie eine Feder in den Schwingen eines mächtigen Adlers, der unter sich den Wind wußte, um sich selbst der Ewigkeit entgegen zu tragen, die dort gleich hinter dem Horizont lauerte.
Leicht wie eine Feder schwebte sie hinauf zum Licht der Sterne, denen Äonen nichts ausmachten, und die Ewigkeit nicht suchten, sondern sie schlicht erwarten konnten.
Leicht wie eine Feder nahm sie der Wind hinfort, trug sie hinaus und vermischte ihre Form mit den Lichter der Welt, bis sie beide eins waren und die Nacht keinen Tag mehr besiegen konnte.

Plötzlich fand ich wieder Halt, ein wenig beruhigt, zwar kam mir alles noch unwirklich und fremd vor, genauso, als wäre es noch immer ein Traum , als wäre alles in Mustern angeordnet, die wir verstehen könnten, als wäre dies eine Welt ohne Zufall, als wäre alles bereits bestimmt.


[editiert: 31.01.04, 12:27 von willy1]
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