bowilliam
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Erstellt: 19.09.03, 22:40 Betreff: "Kampfhunde" |
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Unglaublich, aber wahr - und wäre es nicht mit Verzweiflung, Leiden und Tod verbunden, könnte man meinen, es sei ein Gag: In Deutschland wird zur Zeit die Vernichtung sämtlicher so genannter "Kampfhunde" vorbereitet, einschließlich harmloser Bastarde, denen man irgendeine, wenn auch imaginäre, Verwandtschaft mit den großen "Fleischerhunden" nachsagt. Und dies bis zur völligen Ausmerzung ihrer Rassen. (Wobei die allgemein verwendete Bezeichnung "Rasse" natürlich ungenau ist; ich werde sie jedoch notgedrungenermaßen verwenden, um Mißverständnisse zu vermeiden.) American Staffordshire Terrier, American Pitt Bull Terrier, Bull Terrier, American Bulldog, Bandog, Bullmastiff, Bordeaux-Dogge, Argentinische Dogge, Fila Brasileiro, Kangal (oder Karabash), Kaukasischer Owtscharka, Mastiff, Spanischer Schäferhund, Neapolitanischer Schäferhund, Tosa Isu: Die Liste ist nicht vollständig, sind doch in gewissen Gegenden noch andere Rassen im Visier der Hundefeinde, die sich eine so gute Gelegenheit nicht entgehen lassen wollen, Geschöpfe aus der Welt zu schaffen, die ihnen ein Dorn im Auge sind. 42 Rassen stehen auf der Abschußliste, sind zur Vernichtung, wenn nicht zur totalen Ausrottung verurteilt. Alles in allem die Endlösung. Die Regierung verbreitet die Idee, die Besitzer solcher Hunde seien samt und sonders kriminelle Asoziale, und die Medien wiederholen diese skandalöse Lüge im Chor, verbreiten blinden Haß und kollektive Hysterie. Somit kann nun jeder einfältige Beamte, blind der Disziplin gehorchend, schon auf bloße Vermutung oder Denunzierung hin bei jedem beliebigen anständigen Bürger eine Kontrolle durchführen und ohne Durchsuchungsbefehl dessen vierbeinigen Kameraden beschlagnahmen, und sei es auch der einzige Freund, den er noch hat. In Hamburg ist für 2 Millionen Mark ein Schlachthaus zur Gefangenhaltung und Tötung von Zehntausenden von Hunden eingerichtet worden, denen zuvor der Buchstabe G für "Gefährlich" auf Ohr oder Schenkel tätowiert wurde. Das gleiche G oder eine Tafel mit der Aufschrift "Gefährlich" in grellem Rot ist an den Mauern oder den Türen von Privathäusern angebracht, in denen diese Unglücklichen auf die Hinrichtung warten müssen. Was unterscheidet diese Tiere, die nur zu "Kampfhunden" werden, wenn brutale Menschen sie dazu abrichten, sich gegenseitig zu zerfleischen oder auf Befehl anzugreifen - was unterscheidet sie von Polizei- oder Armeehunden, die mit fletschenden Zähnen auf Feinde losgehen und Übeltäter in Schach halten und dafür ausgezeichnet werden, außer daß ihre "Meister" nicht auf der gleichen Seite stehen? Alle die Unzähligen aber, die nicht in die Hände krimineller Menschen gefallen sind, treue Gefährten von Kindern, von einsamen alten Menschen, von Familien, die sie lieben - welche Gemeinheit ist es doch, sie zu Sündenböcken der wachsenden allgemeinen Unsicherheit zu machen - sie, die nur für uns leben, sie, die ihr Leben geben würden, um uns zu beschützen! Das Hamburger Vernichtungslager - genauso wie andere in ganz Deutschland eingerichtete - rühmt sich höchster Effizienz: Ein Eisenbahngleis führt direkt zum einzigen Eingang, und dank seinem Standort nahe der Elbe lassen sich die Kadaverteile diskret entsorgen. Eine gezielte Propaganda hat die öffentliche Meinung auf diese Vernichtungswelle vorbereitet, und die von den Behörden erlassenen Befehle richten sich in genauer Kenntnis der Sachlage an ein disziplinbesessenes Volk. In Tat und Wahrheit wird der ganzen verborgenen Grausamkeit des Menschen und all seinen versteckten und unterdrückten Haßgefühlen ein willkommener Anlaß zum Ausbruch und freien Lauf in aller Legitimität geboten. Die Bevölkerung wird gar dazu angehalten, bei Freunden, Nachbarn, Verwandten usw. vorhandene große und starke Hunde anzuzeigen, als ginge es dabei um einen staatsbürgerlichen Akt gesellschaftlicher Säuberung. Natürlich sind viele Deutsche entsetzt und versinken in Scham ob dem, was unweigerlich und mit plastischer Deutlichkeit an die Methoden anderer Massenvernichtungen erinnert; und diese Bürgerinnen und Bürger sind es, die an die internationale Meinung appellieren. Befassen wir uns zuallererst einmal mit dem sattsam bekannten Gemeinplatz, der immer dann zu hören ist, wenn Tiere leiden und sich eine Parallele zu Menschen aufdrängt: "Das läßt sich nicht vergleichen - es sind ja nur Tiere! Es ist unanständig, das Leiden von Tieren mit dem Leiden von Menschen in Zusammenhang zu bringen."
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